Smartphones und Umweltschutz

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Die Praxis von Handyherstellern, alte Geräte nicht mehr mit Updates zu versorgen, hat massive ökologische Konsequenzen. Eine gute Gelegenheit, um sich mit quelloffenen Alternativen zu Android und Co. zu beschäftigen.

Es sind Zahlen, die niemanden mehr überraschen dürften: Die Anzahl der Smartphone-Nutzer beläuft sich hierzulande auf rund 62 Millionen. All diese Menschen nutzen ihre digitalen Begleiter täglich, nicht nur um zu telefonieren, sondern auch um sich zurechtzufinden, sich sozial zu vernetzen oder mehr oder weniger aussagekräftige Fotos zu machen. All diese Features sind für niemanden mehr etwas besonderes – was vor allem daran liegt, dass die echten Innovationen seit Jahren rar gesät sind. Auch auf dem diesjährigen Mobile World Congress konnte man wieder einen zuverlässigen Einblick erhalten in einen Wettlauf zwischen Herstellern, in dem es höchstens noch um

Detailverbesserungen geht. Hier ein Megapixel, dort ein optimierter Akku und ­warum haben wir nochmal jahrelang über Kopfhörerbuchsen geredet? Wirklich revolutionäres sieht man auf den Branchenevents jedenfalls schon lange nicht mehr. Der Wettlauf der Hersteller ist einer ohne Zuschauer geworden – aber keineswegs einer ohne Folgen.

Denn der Druck der Smartphone-Hersteller, sich ständig gegenseitig zu übertreffen, hat seinen Preis, und zwar insbesondere für die Umwelt. Kriterien, abgesehen von Leistung, Funktionalität und Preis, sind für uns eigentlich die wichtigsten bei der Wahl unserer Smartphones? Wer hat zuletzt einen signifikanten Unterschied bemerkt, wenn er mit einem neuen Handy ein Foto geschossen hat? Und kommt es überhaupt noch auf diese Nuancen an? Oder müssen wir uns grundsätzlich die Frage stellen, ob es nicht auch anders geht

Die unfaire Update-Praxis von Samsung und Co.

Für Handybesitzer war es bisher gar nicht so einfach, Smartphones nachhaltig zu nutzen. Das lag vor allem daran, dass die Hersteller beim Herausbringen von Updates eher zurückhaltend waren.

Ein Beispiel gefällig? Samsung kündigte vor kurzem an, dass alle Updates für die Galaxy-S10-Baureihe in diesem Jahr eingestellt werden – gerade einmal vier Jahre, nachdem das erste Gerät erschienen ist. Damit markieren die Koreaner einen vorläufigen Höhepunkt in der Smartphone-Wegwerfkultur.

Diese wird in der Zukunft zwar ­politisch eingedämmt: In Deutschland gilt zum Beispiel eine Update-Pflicht für Geräte, die nach dem 01.01.2022 gekauft wurden, die vorsieht, dass Updates bis zu fünf Jahre bereitgestellt werden müssen. Nutzer älterer Geräte haben aber das Nachsehen – es sein denn, sie sorgen selbst für mehr Langlebigkeit, indem sie sich selbst um die Software kümmern.

Wer mehr Nachhaltigkeit in seinen digitalen Alltag bringen will, hat vor allem eine Möglichkeit: Die Nutzung von Open-Source-Software. Denn im Gegensatz zu den gängigen mobilen Betriebssystemen großer Hersteller sorgt bei aktiven Open-Source-Projekten eine große Community dafür, dass die Software regelmäßig Sicherheitsupdates erhält. Ein “End of Life” ist hier also per Definition ausgeschlossen.

Viele Alternativen verfügbar

Das Motto des nachhaltigen Handyanbieters Fairphone – If you can’t open it, you don’t own it – gilt also nicht nur für die Hardware, sondern kann auch auf die Software übertragen werden. Der Hersteller arbeitet seit längerem mit Open-Source-Projekten wie /e/OS und LineageOS zusammen und stellt den Quellcode jeder Anwendung frei zur Verfügung.

Nutzer haben aber auch die Möglichkeit, sich diese oder andere Softwarelösungen selbst auf das Handy zu holen. Mittlerweile gibt es mehr als ein Dutzend Projekte, von denen viele aktiv weiterentwickelt werden und die detaillierte Installationsanleitungen bereitstellen, um auch aus einem Galaxy S8 oder einem anderen älteren Smartphone sein eigenes “Fairphone” zu machen.

Unabhängige Tests bestätigen auch immer häufiger, dass die “freien” ­Betriebssysteme auch in puncto Funktionsfähigkeit mit dem kommerziellen Android mithalten können.

Der Lebenszyklus von Hard- und Software kann mit Open Source also deutlich verlängert werden. ­Darüber hinaus sind Open-Source-Lösungen auch im Betrieb sparsamer – insbesondere wenn es um die Daten der Nutzer geht. Wenn das Hauptgeschäftsmodell des Softwareherstellers nicht darin besteht, möglichst viele Daten abzusaugen und zu monetarisieren, dann nimmt auch das Volumen an Datentransaktionen mit entsprechend hohem Verbrauch an Rechenleistung und Serverkapazität deutlich ab – ein ebenfalls nicht zu negierender ökologischer Faktor, wenn man sich die ganze Debatte um “Green IT” ansieht.

Ein Gleichgewicht zwischen Leistungsfähigkeit und ökologischen und ethischen Kriterien ist möglich und in jedem Fall sinnvoll. Es liegt an uns, die Attraktivität der Angebote zu verändern, um Modelle zu fördern, die unseren Bedürfnissen entsprechen und die die planetarischen Grenzen und den Menschen hinter der Maschine respektieren. Dies kann nicht ohne eine echte, auf europäischer Ebene koordinierte Politik geschehen, damit Ethik und Transparenz zu den beiden wichtigsten Arbeitsbereichen für die Telefonie von morgen werden und die Wirtschaftstätigkeit in eine Logik der globalen digitalen Souveränität führen können.

Was ist e/os?

/e/OS ist ein Open-Source-Betriebssystem für Mobiltelefone, basierend auf einem „deGoogled“ Android-OS-Kern. Mit eigener Metasuchmaschine, Verzicht auf Google-Server und einem App-Installer für Datenschutzbewertungen bietet /e/OS eine datenschutzfreundliche Umgebung. Die Google-Standardsuchmaschine wurde überall aus dem Betriebssystem entfernt und durch eine Metasuchmaschine ersetzt.

Weitere Informationen erhalten Sie auf der Webseite unter:
e.foundation/de

Über den Autor


Gaël Duval entwickelt seit über zwei Jahrzehnten frei verfügbare Open-Source-Software. Mit seiner e Foundation und dem Betriebssystem /e/OS bietet er Usern eine datenschutzfreundliche Alternative zu Android.