Alle reden von Nachhaltigkeit, viele versuchen, dies auch konkret umzusetzen, aber bei vielen Dingen scheitern wir – dabei geht vieles noch besser.
Die Zeiten sind längst vorbei, an denen wir defekte Elektrogeräte zur Reparatur gebracht haben. Inzwischen werden Geräte häufig als „Einweggeräte“ erworben und im Falle eines Defekts einfach weggeworfen. In konkreten Zahlen bedeutet dies, dass lediglich 22% aller Geräte nochmals repariert werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass rund 4 von 5 dieser Kandidaten direkt in den Elektroschrott-Container wandern. In der Summe entsteht dabei rund 1.200 Tonnen Elektroschrott. Pro Tag. Allein in Deutschland.
Besonders für Waschmaschinen, Kühlschränke, Fernsehgeräte, Geschirrspüler, Elektroherde, Wäschetrockner und Staubsauger blüht im Falle eines Ausfalls unverzüglich das sofortige Ende. Überhaupt keine Chance haben Kleingeräte wie Haartrockner oder Handrührgeräte. Diese kosten nur wenige Euro und in diesem Fall winkt sofort die Mülltonne. Dabei muss das häufig gar nicht sein. Hier haben wir allerdings ein systemisches Problem.
Schätzungsweise 400.000 Tonnen Elektroschrott werden jährlich verschifft. Für die Exporteure bedeutet das eine erhebliche Einsparung, denn Elektroschrott-Recycling nach Maßgabe der EU ist ungleich teurer. Ein Großteil davon geht nach Afrika. Dort profitieren nur wenige von diesen Müllbergen – vielmehr bleiben verseuchte Landschaften und kranke Menschen bei unwürdigen Arbeitsbedingungen zurück.
Reparaturpotenziale entdecken
Vor allem bei den Elektro-Großgeräten wie Waschmaschinen, Elektroherden, Spülmaschinen und Wäschetrockner liegen erhebliche Potenziale. Weniger als ein Drittel dieser Geräte ist nicht mehr zu reparieren. Ansonsten geben Verbraucher mehrheitlich an, dass ihnen die Reparatur zu teuer sei.
Umdenken ist hier auf allen Seiten erforderlich. Wir können es uns schon lange nicht mehr leisten, einfach nur alles wegzuwerfen, was uns nicht mehr genehm ist (das geht übrigens weit über den Elektroschrott hinaus). Geräte reparieren lassen muss attraktiver werden und das wird auch in den nächsten Jahren kommen.
Reparatur versus Neuanschaffung
32% aller Deutschen geben an, dass sie alleine aus Kostengründen von einer Reparatur absehen. Tatsächlich hat sich inzwischen etabliert, dass neu anzuschaffende Geräte so billig geworden sind, dass sich eine Reparatur kaum noch lohnt. Ebenfalls als problematisch erweisen sich hochintegrierte Schaltungen, die einen schnellen Austausch defekter Bauteile nahezu unmöglich machen.
Werden Verbraucher befragt, warum sie lieber entsorgen statt reparieren, geben 33% an, das Gerät sei nicht mehr zu retten, 32% aller Verbraucher ist die Reparatur zu teuer, 38% finden, das Gerät sei zu alt, 43% schaffen von vorne herein ein neues Gerät an, 17% entscheiden aufgrund einer besseren Energieeffizienz und weitere 3% brauchen das fragliche Gerät einfach nicht mehr.
Angesichts dieser Zahlen können wir darüber nachdenken, wie sich Elektroschrott vermeiden ließe. Erinnern Sie sich noch an den Durchbruch der Flachbildfernseher? Danach waren die sperrigen Röhrenfernseher innerhalb kürzester Zeit aus den Wohnzimmern verschwunden. Ähnliches lässt sich bis heute regelmäßig beobachten, wenn ein neuer Standard einen alten ablöst. Wenn Geräte noch funktionieren, aber ersetzt werden sollen, können diese immer noch in den gängigen Verschenkmärkten angeboten werden. Das sichert bisweilen eine Weiternutzung, ehe darüber wirklich das letzte Urteil gesprochen wird.
Auch bei den Reparaturkosten ist noch einiges möglich. Wer nicht das Geld für die Fachwerkstatt aufbringen möchte, der kann sich zum Beispiel an eines der vielen Reparaturcafés wenden, in denen Freiwillige defekte Geräte für kleines Geld reparieren und damit erklärterweise daran arbeiten, Elektroschrott zu minimieren. Wenn Sie ein solches Reparaturcafé nicht in Ihrer Nähe haben, bleibt auch hier wieder der gute alte Verschenkmarkt – für Bastler mit kurzer Fehlerbeschreibung. Häufig finden sich auch da Abnehmer.
Anhand dieser beiden Beispiele offenbart sich, dass es häufig gar nicht nötig ist, sofort alles in den Müll zu werfen.
Zeitreise
Gehen wir doch einmal ein wenig anekdotisch vor: Der Autor entstammt einer Generation, für die die Anschaffung eines Elektrogerätes noch keine Kleinigkeit war. Fernseher kosteten häufig deutlich vierstellige Beträge und wir erinnern uns noch ehrfürchtig an die kleinen tragbaren Schwarzweiß-Glotzen, für die wir als Schüler monatelang gespart hatten. Auch Waschmaschinen und andere Großgeräte ließen sich nicht so einfach beschaffen, viele Haushalte mussten lange dafür sparen. Wir mussten uns während des Schleudergangs als Kinder auf die Waschmaschine setzen, damit sie nicht aufgrund einer Unwucht völlig manisch durch den Keller hüpfen konnte. Erst als gar nichts mehr ging, kam die Neuanschaffung. Was heutzutage unvorstellbar erscheint, hat schlussendlich dem Aufkommen von Elektroschrott entgegenwirkt. Dabei soll an dieser Stelle nicht dafür geworben werden, Elektrogeräte wieder unbezahlbar zu machen. Vielmehr sollten wir alle zunächst überlegen, welche Alternative sich zum Wegwerfen anbietet.
Einsparpotenziale
Wir haben es bereits eingangs erwähnt: Bei der derzeitigen Reparaturquote von 22% produzieren wir täglich knapp 1.200 Tonnen Elektroschrott. Zur Veranschaulichung: Wenn sie 28 Mittelstreckenflugzeuge übereinander gestapelt auf eine Waage stellen, kommen Sie auf das gleiche Gewicht.
Wenn wir schon bei solch kuriosen Veranschaulichungen sind: Das entspricht 30 vollgepackte Lastwagen zu je 40 Tonnen, im Jahr haben wir dann einen Konvoi von 10.950 solcher Gefährte. Viel Spaß dabei, die auf der Autobahn zu überholen.
Wir spinnen die Sache mal ein wenig weiter und überlegen uns, was wohl passieren würde, wenn wir einfach nur mal die Reparaturquote erhöhen. Diese Zahlen sind spannend: Steigern wir die Reparaturquote von 22% auf 27,5%, sinkt das Elektroschrott-Aufkommen von knapp 1.200 auf rund 900 Tonnen. Das ist immerhin ein gutes Viertel im Vergleich zum vorherigen Wert. Kämen wir auf eine Reparaturquote von 75% würden nur noch 422 Tonnen Elektroschrott anfallen. Also etwa so viel, was derzeit noch illegal exportiert wird.
Was lernen wir daraus? Elektroschrott in andere Länder zu exportieren, ist denkbar einfach. Die Geräte werden als Gebrauchtgeräte deklariert und dann in Ländern wir Ghana entsorgt. Ist billig und macht weniger Probleme. In Ghana schon, aber das interessiert im blitzsauberen Europa niemanden.
Folglich reagiert die Politik (wenn auch recht langsam) und zieht immer wieder unzählige Stellschrauben an, um diese Auswüchse zu bremsen. Rücknahmeverpflichtungen und vieles mehr kennen wir ja schon seit Jahren.
Doch jeder von uns kann was tun – mit geringem Aufwand und meist sogar ohne Kosten: Wenn ein Gerät noch funktioniert oder nur leichte Defekte aufweist, dann verschenken Sie es doch einfach. Oft genug gelangen Sie an dankbare Neubesitzer die sich dafür auch noch häufig mit einer Tafel Schokolade oder einer Flasche Sekt erkenntlich zeigen.
Außerdem gibt es viele Initiativen, die sich darum kümmern, dass solche Geräte gewartet und anschließend an bedürftige Menschen ausgereicht werden. Wir merken uns: Die Mülltonne ist tatsächlich der allerletzte Schritt.
Verschenkmarkt: Diese Initiative ist schon seit Jahren tätig und ist vor allem über die örtlichen Abfallwirtschaftsbetriebe in Deutschland verfügbar – nach dem Motto „Lieber verschenken als wegwerfen“. muster. ▸ verschenkmarkt.info
eBay-Kleinanzeigern: Kleinanzeigen sind hier grundsätzlich kostenlos. Hier gibt es auch eine Rubrik „Verschenken & Tauschen. ▸ kleinanzeigen.ebay.de
Weniger Mist in Österreich: Österreicher wenden sich gerne an die Seite von „Weniger Mist“, die neben Links zu Verschenk- und Tauschmärkten auch viele Tipps zu den hier besprochenen Themen liefern. Sehr charmant. ▸ www.wenigermist.at