Ein Smartphone für die Rente!

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Senioren-Smartphones, das ist ein potenziell heikles Thema. Denn man läuft Gefahr, alle älteren Menschen über einen Kamm zu scheren. Und das ist weder angebracht noch hilfreich: Ein 65-jähriger Technikenthusiast beispielsweise benötigt ganz sicher ein anderes Smartphone als ein 80-Jähriger, der lediglich möglichst problemlos mit seinen Enkelkindern Videotelefonate führen möchte.

Statt also nach dem einen Smartphone Ausschau zu halten, das für alle Senioren geeignet ist, empfiehlt es sich, zu klären, mit welchen konkreten altersbedingten Beeinträchtigungen der zukünftige Smartphone-Benutzer zu kämpfen hat. Und dann gezielt Smartphones auszuwählen, die Eigenschaften oder Funktionen bieten, die sich bei eben diesen Beeinträchtigungen als hilfreich erweisen.
Weiter eingrenzen lässt sich die Auswahl dann dadurch, dass man zusätzlich berücksichtigt, was der potenzielle Smartphone-Benutzer mit dem Gerät anstellen möchte. Wer beispielsweise gerne wilde Tiere fotografiert, für den ist eine Kamera mit guten Zoom-Funktionen wichtiger als für jemanden, der lediglich Schnappschüsse oder Fotos vom Mittagessen anfertigen will.

Großer Bildschirm

Bemerkbar machen sich altersbedingte Beeinträchtigungen vor allem beim Sehvermögen, beim Gehör, bei der Motorik und auch bei den kognitiven Fähigkeiten.
Ist eine Weitsichtigkeit vorhanden, dann ist ein relativ großer Bildschirm sehr nützlich. Weil er es ermöglicht, eine große Schrift einzustellen und trotzdem auf dem Bildschirm noch genügend Platz für die Darstellung der Texte zur Verfügung zu haben. Das macht das Smartphone zwar nicht gerade handlicher, aber das ist ein Preis, den die meisten Senioren wohl gerne zahlen für den Vorteil, ihr Smartphone verwenden zu können, ohne ihre Augen überanstrengen zu müssen.
Im Extremfall könnte man sich sogar statt für ein Smartphone für ein Tablet entscheiden, das über einen noch größeren Bildschirm verfügt. Das bietet sich vor allem dann an, wenn die eigentliche Telefonfunktion eher unwichtig ist und die hauptsächlichen Einsatzzwecke des Geräts bei der Internet-Nutzung sowie bei Telefonaten und Videotelefonaten über das Internet liegen. (Es gibt auch einige wenige Tablets, mit denen man tatsächlich über das Mobilfunknetz Telefonate führen kann – eine eingelegte SIM-Karte vorausgesetzt.)
Kein guter Ersatz für ein Smartphone sind Tablets dagegen dann, wenn der Senior das Gerät oft unterwegs verwenden möchte, wo eine handliche Größe wichtig ist und die Möglichkeit, einen Notruf über das Mobilfunknetz absetzen zu können.

Geschwindigkeit

Einen High-End-Prozessor benötigt man in der Regel nicht. Es sei denn, man möchte 3-D-Spiele in der höchsten Grafikqualitätsstufe spielen. Auf das andere Extrem, also einen Unterklasse-Prozessor wie er in der Regel in Smartphones unterhalb der 120-Euro-Grenze zum Einsatz kommt, sollte man sich aber ebenfalls nicht einlassen. Denn auch wenn derartige Smartphones nicht tatsächlich unbrauchbar sind, so entsteht durch die häufigen kleinen Verzögerungen doch eine unangenehme Benutzererfahrung. Die man Anwendern mit wenig Geduld für derartige technische Störrischkeiten nicht unbedingt zumuten möchte.
Einem Senior ein langsames Smartphone in die Hand zu drücken, das ist die beste Methode, um bei ihm den Eindruck entstehen zu lassen, die ganze Sache mit dem mobilen Internet sei wesentlich weniger praktisch, als die jungen Leute behaupten.

Bedienungsoberfläche

Die herkömmlichen Bedienungsoberflächen von Smartphones bieten relativ viele Funktionen und Optionen. Für Anwender, die nicht besonders technikbegeistert sind, kann dies durchaus zu viel sein. Daher bieten etliche Hersteller in den Einstellungen des Betriebssystems die Möglichkeit, zu einer vereinfachten Version der Bedienungsoberfläche umzuschalten. Das kann tatsächlich sehr nützlich sein. Als entscheidendes Kriterium für den Kauf eines Smartphones sollte dies jedoch nicht dienen. Denn es gibt (vor allem für Android-Smartphones) etliche Zusatz-Apps, die dem Gerät nachträglich eine vereinfachte Bedienungsoberfläche verpassen.

Robustes Smartphone

Sind die Bewegungen des potenziellen Smartphone-Benutzers altersbedingt nicht mehr ganz sicher? Dann ist es eine gute Idee, sich für ein Smartphone zu entscheiden, das möglichst robust ist. Es gibt spezielle Outdoor-Modelle, die tatsächlich sehr viel aushalten, die also beispielsweise einen Fall auf einen harten Boden besser vertragen als herkömmliche Smartphones. Allerdings muss man bei derartigen Geräten oft entweder einige Kompromisse in Bezug auf die Leistungsfähigkeit hinnehmen oder aber einen unschön hohen Preis zahlen.
Ratsamer ist es daher meist, von vornherein eine stabile Schutzhülle samt Panzerglasfolie für den Bildschirm einzukalkulieren. Zusätzlich zu diesen Schutzmaßnahmen ist es auch hilfreich, wenn das Gehäuse des Smartphones zwar nicht extrem robust, aber immerhin doch nicht unnötig empfindlich ist. Konkret heißt das: Eine Rückseite aus Kunststoff oder Metall ist für solche Anwender besser geeignet als eine Rückseite aus Glas.

Android oder iOS?

Die Smartphone-Betriebssysteme Android und iOS haben sich im Laufe der Jahre einander stark angenähert. Es gibt immer noch das Vorurteil, dass iPhones (mit dem Betriebssystem iOS) leichter zu bedienen seien als Android-Smartphones. Wirklich wahr ist dies aber nur noch an einigen Stellen. Ein Kaufkriterium sollte also auch dies nicht generell sein.
Allerdings kann das Betriebssystem dann – etwas indirekt – durchaus doch entscheidend sein. Wenn der Senior beispielsweise gut mit der Bedienung eines iPads vertraut ist, dann ist es sinnvoll, für ihn ein iPhone anzuschaffen, statt ihn mit einem Android-Smartphone zu quälen, bei dem er erst die Bedienung neu erlernen müsste. (Dasselbe gilt natürlich auch umgekehrt, wenn der Senior sich bereits gut mit einem Android-Tablet auskennt. Allerdings ist hier das Argument nicht ganz so stark, da sich die Bedienungsoberflächen von Android-Geräten abhängig vom konkreten Hersteller voneinander unterscheiden können.)
Auch die Frage, welche Art von Smartphone die übrigen Familienmitglieder verwenden, spielt eine Rolle: Wenn also die Kinder und Enkelkinder größtenteils Android-Smartphones benutzen, dann können Sie dem Senior nur relativ wenig Hilfestellung bei der Bedienung seines neuen iPhones leisten.

Verständnisschwierigkeiten

Wie leicht es einem Senior fällt, die Bedienung eines Smartphones zu erlernen, das hängt von mehreren Faktoren ab. Der Forschungsbericht „Tablet & Smartphone: Seniorinnen und Senioren in der mobilen digitalen Welt“ des Österreichischen Instituts für angewandte Telekommunikation nennt als Faktoren neben dem Alter unter anderem Geschlecht, Bildung, Beruf und Gesundheitszustand.
Abhängig von diesen Faktoren können recht unterschiedliche Probleme bei der Bedienung von Smartphones auftreten: Teilweise gibt es grundsätzliche Verständnisschwierigkeiten bezüglich der Funktionsweise von digitalen Geräten. Oft sind die Bedienungsoberflächen verwirrend. Unbeschriftete Symbole beispielsweise sind bei Senioren nicht gerade beliebt. Auch Fachbegriffe oder (englische) Fremdwörter tragen nicht zum schnellen Verstehen der Bedienung bei.
Es gibt prinzipiell Kurse (unter anderem in Bibliotheken und in Volkshochschulen), die Senioren mit der Bedienung von Smartphones vertraut machen. Allerdings nicht in Pandemie-Zeiten. Daher: Kauft man ein Smartphone für einen Senior, der nicht besonders technikaffin ist, dann tut man gut daran, Zeit einzuplanen, um für ihn das Gerät einzurichten und ihn dann in dessen Bedienung einzuführen.

Nutzen

Smartphones haben für Senioren einerseits natürlich denselben Nutzen wie für jüngere Anwender: Vorrangig also die Möglichkeiten, jederzeit (auch unterwegs) per Telefongespräch oder schriftlich mit Freunden oder mit der Familie zu kommunizieren, Straßenkarten oder andere nützliche Informationen abzurufen sowie Fotos und Videos aufzunehmen.
Hinzu kommen andererseits weitere Vorteile, die für Senioren in stärkerem Maße wichtig sind als für jüngere Menschen: Zum einen stellen Smartphones in Corona-Zeiten hervorragende Hilfsmittel dar, um mit Enkeln und anderen Familienmitgliedern Kontakt zu halten, ohne das Risiko einzugehen, sich anzustecken. Zum anderen werden durch Smartphones Telemedizin-Anwendungen möglich (also beispielsweise Video­sprechstunden mit dem Arzt).
Und nicht zuletzt halten Smartphones (und das Internet allgemein) ihre Anwender geistig jung. Das ist nicht nur der subjektive Eindruck der Senioren (laut einer Bitkom-Studie, in der 76 Prozent der befragten Senioren dieser Ansicht waren): Auch wissenschaftliche Untersuchungen in Deutschland und England belegen, dass heutzutage ältere Menschen geistig vier bis acht Jahre jünger sind als noch vor einigen Jahren. Einen großen Beitrag daran habe die zunehmende Nutzung moderner Technologien wie Computer und Mobiltelefone.