Effiziente Solarzellen – Nie wieder Elektronikgeräte aufladen?

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Elektronische Geräte mit Hilfe von Sonnenlicht aufzuladen, das ist keine ganz neue Idee: Bereits seit den 1970er Jahren gibt es Taschenrechner und Armbanduhren mit Solarzellen. Allerdings erzeugen solche kleinen Solarzellen relativ wenig Strom und sind daher für energiehungrigere Geräte nicht geeignet.

In den letzten Jahren hat es jedoch einige technische Entwicklungen gegeben, durch die sich dies ändern könnte. Das schwedische Unternehmen Exeger (www.exeger.com) beispielsweise hat unter dem Namen Powerfoyle Solarzellen konstruiert, die nicht nur ergiebiger sind, sondern auch dünner, robuster und biegsamer als herkömmliche Solarzellen.

Bei den Powerfoyle-Solarzellen handelt es sich um Farbstoffsolarzellen, deren Prinzip bereits 1988 entwickelt wurde. Sie verwenden also zum Absorbieren von Licht keine Halbleitermaterialien mehr, sondern organische Farbstoffe.

Die Besonderheit der Powerfoyle-Solarzellen besteht darin, dass sie für die Elektroden ein neu entwickeltes Material benutzen, das eine 1.000-fach höhere Leitfähigkeit haben soll. Über die Details dieses Materials schweigt der Hersteller sich jedoch aus.

Bild: Exeger

Unendliche Energie?

Die Powerfoyle-Zellen erreichen nicht nur bei Sonnenlicht, sondern auch bei Kunstlicht gute Ergebnisse. Konkret: Eine Zelle liefert eine Spannung von knapp 0,6 Volt. Die Leistung beträgt bei einer Beleuchtungsstärke von 100 Lux (was meist der Beleuchtung im Wohnzimmer entspricht) 6 Mikrowatt pro Quadratzentimeter. Bei 1.000 Lux sind es 54 Mikrowatt.

Breite Produktpalette
Zu den bereits erhältlichen Geräten, die auf Powerfoyle-Solarzellen setzen, gehören Kopfhörer, Fernbedienungen und dieser Fahrradhelm, der über ein automatisches Rücklicht verfügt.
Bild: Exeger

Gedacht sind die Powerfoyle-Solarzellen für den Einsatz unter anderem in Kopfhörern, tragbaren Lautsprechern, E-Readern, Mäusen, Tastaturen, Fernbedienungen, Sensoren und digitalen Preisschildern. Abhängig vom Stromhunger der Geräte können die Solarzellen entweder als einzige Energiequelle dienen oder aber (häufiger) als Ergänzung der herkömmlichen Energieversorgung, um die Laufzeit der Geräte zu verlängern – im Idealfall bis ins Unendliche. Egal, ob man ein derartiges Gerät gerade verwendet oder ob es ungenutzt herumliegt: Die Solarzelle lädt einen Akku auf, der dann dafür sorgt, dass bei Bedarf der nötige Strom zur Verfügung steht.

Die Powerfoyle-Zellen lassen sich in fast jeder Form und Größe herstellen – von 15 bis zu 500 Quadratzentimetern. Auch beim Äußeren zeigen sich die Zellen sehr anpassungsfähig: Ihre Oberfläche kann unter anderem aussehen wie Kunststoff, Leder, Stahl, Stoff oder Holz. Dadurch lassen sie sich unauffällig in viele Arten von Geräten integrieren. Dank ihrer starken Biegsamkeit sind sie auch für gebogene Oberflächen wie die Kopfbänder von Kopfhörern geeignet.

Mehr Bequemlichkeit – und mehr Nachhaltigkeit

Die Möglichkeit, den Energiebedarf von Unterhaltungselektronik zumindest zum Teil mit Hilfe des Umgebungslichts zu decken, bewirkt erstens mehr Bequemlichkeit. Weil die Benutzer seltener (oder im Idealfall: nie mehr) Batterien wechseln müssen. Und zweitens sorgt sie für mehr Nachhaltigkeit. Denn herkömmliche Batterien zu verwenden, ist alles andere als umweltfreundlich: Laut Berechnungen von Samsung verbrauchen wir weltweit pro Jahr etwa 3,15 Milliarden Batterien alleine für TV-Fernbedienungen. Das führt (laut Ambient Photonics) zu 192.150 Tonnen Treibhausgasemissionen. Das ist zwar nicht überwältigend viel im Vergleich zu beispielsweise den 760 Millionen Tonnen Kohlendioxid, die (nach den Zahlen des Statistischen Bundesamts) pro Jahr in der EU durch den Straßenverkehr entstehen. Aber wenn man die Umweltfreundlichkeit von Unterhaltungselektronik ohne großen Aufwand verbessern kann, dann sollte man das auch tun.

Erhältliche Geräte

Folgende Produkte mit Powerfoyle-Solarzellen sind bereits jetzt oder zumindest in naher Zukunft tatsächlich erhältlich:

• der wasserdichte Kopfhörer A6219 On-Ear Go von Philips, der sich an Sportler richtet und zu 35 Prozent aus recyceltem Kunststoff besteht

• der Kopfhörer Los Angeles von Urbanista, der die Sprachassistenten von Google und Apple unterstützt

• der Kopfhörer RPT-02 Sol von Adidas, der spritzwassergeschützt ist und zu 87 Prozent aus recyceltem Kunststoff besteht

• die Ohrhörer Phoenix von Urbanista, die imstande sind, die Lautstärke der Umgebungsgeräusche zu reduzieren

• der Bluetooth-Lautsprecher Malibu von Urbanista, der wasserdicht ist und sich mit einem zweiten Exemplar kombinieren lässt, um Stereoausgabe zu ermöglichen

• das Gehörschutz-Headset Peltor WS Alert XPV von 3M, das auch mit Kommunikationsfunktionen aufwartet

• mehrere Hörgeräte der Marke Voxx von RCA

• die TV-Fernbedienung Model P+ von Omni Remotes, die wenig Energie benötigt und Sprachbefehle unterstützt

• eine TV-Fernbedienung von Philips

• der Fahrradhelm Omne Eternal von POC, der über ein eingebautes Rücklicht verfügt, das sich bei Dunkelheit automatisch einschaltet

• die digitalen Preisschilder EdgeSense der VusionGroup, die für den Einsatz im Einzelhandel konzipiert sind

Konkurrenz aus den USA

Auch das US-amerikanische Unternehmen Ambient Photonics (ambientphotonics.com) stellt dünne Solarzellen her, die dafür gedacht sind, bei schwachem Licht Strom für Unterhaltungselektronik zu erzeugen. Bei diesen Zellen handelt es sich ebenfalls um Farbstoffsolarzellen.

Um die Wirksamkeit der Solarzellen zu erhöhen, hat das Unternehmen eine Vielzahl neuartiger organischer Moleküle entwickelt, die es ermöglichen, „bahnbrechende“ Farbstoffe herzustellen. Diese Farbstoffe sind imstande, Licht über das gesamte sichtbare elektromagnetische Spektrum zu absorbieren und so die „höchstmöglichen Wirkungsgrade“ zu erzielen.

Die Solarzellen können in Größen von 3,25 bis 75 Quadratzentimetern hergestellt werden. Eine spezielle Ausführung der Solarzelle ist in der Lage, sowohl mit ihrer Vorder- als auch mit ihrer Rückseite Sonnenenergie zu sammeln, was ihre Effizienz noch einmal erhöht.

Das Datenblatt der Solarzelle verspricht eine Spannung von etwa 0,9 Volt und eine Leistung von 2,42 Mikrowatt (umgerechnet pro Quadratzentimeter) bei einer Beleuchtungsstärke von dunklen 25 Lux. Bei 100 Lux beträgt die Leistung 7,56 Mikrowatt, bei 1.000 Lux 67,82 Mikrowatt. Die doppelseitige Ausführung der Solarzelle produziert im Idealfall das 1,5- Fache dieser Leistung.

„Energie ist eine Meta-Ressource – der Schlüssel, der es Elektronikherstellern ermöglicht, das volle, allgegenwärtige Potenzial vernetzter Geräte zu entfesseln“, erläutert Bates Marshall, Geschäftsführer und Mitgründer von Ambient Photonics. „Energie aus Umgebungslicht ist der Schlüssel, um dies effizient und nachhaltig zu tun, indem verhindert wird, dass Milliarden von Batterien auf Mülldeponien landen, und es Unternehmen ermöglicht wird, ihre Kohlenstoffemissionen zu minimieren.“

Geplante Produkte

Zu den geplanten Geräten, die Solarzellen von Ambient Photonics verwenden, gehört die Computer-Maus Ambient Solar Mouse von Primax sowie mehrere Fernbedienungen von Universal Electronics. Der Hersteller Chicony hat eine kabellose Tastatur in Arbeit, in der ebenfalls Ambient-Photonics-Solarzellen zum Einsatz kommen.

Zusammen mit E Ink arbeitet Ambient Photonics an digitalen Preisschildern für Einzelhändler. Und nicht zuletzt soll 2024 ein (bislang noch geheimnisumwittertes) Google-Produkt für Endverbraucher auf den Markt kommen, das Solarzellen von Ambient Photonics benutzt.

Digitale Informationen für Kunden
Die Solarzellen sowohl von Exeger als auch von Ambient Photonics werden in digitale Preisschilder integriert, die im Einzelhandel zum Einsatz kommen sollen.
Bild: Ambient Photonics

Energy Harvesting: Strom quasi aus dem Nichts

Wenn man die elektrische Energie, die zum Betrieb eines Geräts nötig ist, aus der Umgebung dieses Gerätes gewinnt, dann bezeichnet man das als „Energy Harvesting“ (wörtlich: Energie-Ernten). Der große Vorteil von Energy Harvesting besteht darin, dass es nicht nötig ist, Kabel für die Stromversorgung zu verlegen oder aber Batterien aufzuladen oder auszuwechseln. Das macht diese Methode interessant unter anderem für das Internet der Dinge und auch für Wearables. Die Menge an Strom, die durch Energy Harvesting gewonnen werden kann, ist in der Regel jedoch sehr gering, so dass sich nur entsprechend genügsame Geräte auf diese Weise mit Energie versorgen lassen.
Photovoltaik mit Hilfe von Solarzellen ist die häufigste Form dieser Art von Energiegewinnung. Es gibt aber noch einige andere Formen:

Unter anderem ist es möglich, Bewegungen oder Druck durch piezoelektrische Generatoren in Strom umzuwandeln. Dabei macht man sich zu Nutze, dass bei der mechanischen Verformung bestimmter Kristalle auf ihrer Oberfläche elektrische Ladungen entstehen. Dank Generatoren dieser Art lassen sich beispielsweise Vibrationen an Maschinen nutzen, um Geräte mit Energie zu versorgen. Thermoelektrische Generatoren dagegen verwenden Temperaturunterschiede, um Strom zu erzeugen. Zum Einsatz kommen sie unter anderem in Weltraumsonden, Camping-Kochern und Sensoren in abgelegenen Gebieten.

Auch die Energie, die in elektromagnetischer Strahlung (beispielsweise Funkwellen) steckt, lässt sich auffangen und nutzen. Verwendung findet dies beispielsweise bei passiven RFID-Transpondern, wie sie in Personalausweisen, Tier-Identifikations-Chips, Warenkennzeichnungen und Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel enthalten sind. Diese Transponder besitzen keine eigene Energieversorgung, sondern beziehen den Strom, den sie für das Übertragen der Daten benötigen, aus dem elektromagnetischen Feld des RFID-Lesegeräts. Dieses Feld erzeugt durch Induktion Strom in der Antenne des Transporters.

Strom für das Internet der Dinge
Dieser piezoelektrische Vibrationswandler des Fraunhofer IIS kann selbst kleinste Schwingungen in Strom umwandeln – um Gebäudeüberwachungssensoren mit Energie zu versorgen.
Bild: Kurt Fuchs/ Fraunhofer IIS