E-Scooter: Wie Roller den Individualverkehr ändern

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Fahren statt gehen: Elektro-­Scooter erobern die Straßen großer Städte. Doch wie geht die Entwicklung weiter? Halten die Roller, was sie versprechen? Wir haben die Antworten!

Wer seit einigen Monaten aufmerksam durch städtische Straßen schlendert, wird ganz sicher das vermehrte Aufkommen elektrisch betriebener Roller bemerken. Auf Gehsteigen, der Straße und in Parks treffen Fußgänger mitunter auch ungewollt auf ganze Horden Kinder und Jugendlicher mit oftmals futuristisch anmutenden Fortbewegungsmitteln. Während bisher beliebte Geräte wie die vor einiger Zeit noch etwas hipperen Hoverboards oder der klassische Tretroller zwar durchaus für Aufmerksamkeit sorgten, sich die breite Masse aber nicht zum Freund machen konnten, haben E-Scooter dazu auf jeden Fall das Potenzial. Das alleine schon durch die Möglichkeit, die Roller zu mieten – ganz bequem per App, auch von unterwegs. Anbieter wie Bird oder Lime vermieten die E-Scooter mittlerweile auch in Österreich und Deutschland.

Der Trend der Stunde

Dazu gesellt sich ein wachsender Markt an weiteren Modellen, die klassisch beim Sporthändler oder im Fachhandel erstanden werden können. Mit Anschaffungspreisen von teilweise unter 500 Euro sind die E-Scooter eine ­attraktive Alternative zum klassischen Fahrrad. Laut einer Statista-Erhebung soll der Umsatz mit „Elektrorollern“ bis 2024 auf 55 Milliarden US-Dollar pro Jahr steigen. Offen bleibt allerdings, was genau die Ersteller der Umfrage unter dem Terminus verstehen. Elektroroller können nämlich auch ganz klassische Roller mit Sitzfläche für den Straßenverkehr sein. Wir gehen davon aus, dass sich die Statistik auf alle elektrisch betriebenen Fahrzeuge bezieht.

Wie denn jetzt?

So oder so erfreuen sich die kleinen E-Roller mit Trittfläche wachsender Beliebtheit. Im Englischen wird übrigens jede Variante als „(motorized) Scooter“ bezeichnet, allerdings wird angeführt, ob man bei der Fahrt steht oder sitzt. Wenn wir nachfolgend von Scootern oder Rollern sprechen, sind aber stets Modelle wie der Xiaomi Mi M365 oder der IO HAWK Sparrow gemeint. Beide Geräte haben wir auf der letzten Doppelseite einem ausführlichen Test unterzogen. 
Historisches

Zurück zum Thema: Elektro-Scooter gibt es tatsächlich seit über 100 Jahren, das erste – noch etwas rudimentäre Modell – wurde bereits im Jahr 1915 gezeigt. „Autoped“ hieß der motorisierte Roller. Danach war es lange ruhig, erst kurz vor den Neunzigerjahren feierten die Roller eine Renaissance. Es dauerte aber bis etwa 2013, um die technologischen Aspekte für den Massenmarkt bereitstellen zu können. Die Entwicklung gipfelte 2018 schlussendlich in Anbieter wie Tier, Bird oder Lime, die sich mit dem Verleih derartige E-Scooter eine goldene Nase verdienen möchten. Nach „Car-Sharing“ ist nun „Bike-Sharing“ in aller Munde, also das Teilen eines zentral verwalteten Fahrzeugs. Dabei wird das angemietete Fahrzeug, in unserem Fall der Roller, über eine eigene App aktiviert. Über diese Anwendung wird auch die Abrechnung abgewickelt. Nach der Fahrt stellen Sie den geliehenen Scooter an einem passenden Standort ab, laden (teilweise) ein Foto des Stellplatzes hoch und beenden schließlich den Vorgang. Gleich darauf erhalten Sie die Rechnung. Pro Fahrt ist ein Euro fix, der gesamte Preis ist abhängig von der Fahrtdauer. Mehr Infos dazu finden Sie auf der rechten Seite.

Gefunden werden die Scooter ebenfalls per App. Die Standorte sind auf einer interaktiven Karten eingeblendet. In Innenstädten stehen in der Regel mehr Roller zur Verfügung als in Randbezirken und in ländlichen Gegenden sind derartige Angebote ohnehin noch nicht verfügbar. Das hat zur Folge, dass es – den richtigen Standort vorausgesetzt – meist nicht allzu lange dauert, bis den müden Beinen eine Pause in Form eines motorisierten Bretts mit Reifen und Griff gemäht wird.

Gefahren & Risiken

Gerade dieser sehr einfache Zugang, gekoppelt an nur wenige rechtliche Einschränkungen, trägt massiv zum Entstehen des Hypes bei. Fahren kann grundsätzlich nämlich jeder mündige Bürger. Ein Führerschein oder eine Personenkontrolle vor Fahrtantritt gibt es nicht, einzig eine Registrierung in der App ist notwendig. Viele Anbieter informieren zudem vor dem Start über etwaige Gefahren, Verkehrsregeln und Informieren wo nicht gefahren werden darf. Dass das in der Praxis oft nicht eingehalten wird, zeigt sich in der Regel recht rasch. In Wien beispielsweise hieß es schon Ende 2018, kurz nach dem Start von Tier, Lime und Bird: Unfälle würden sich häufen, hieß es damals, wenngleich sichere Zahlen ob des kurzen Beobachtungszeitraums nicht vorliegen würden. Die häufigsten Gründe für Unfälle: Zu viel Geschwindigkeit oder Alkohol am Steuer. Egal übrigens ob in der Alpenrepublik oder in Deutschland: Das Fahren auf dem Gehweg ist nicht erlaubt. Wer das dennoch macht, muss mit Strafen rechnen.

Nutzer entscheiden

Sie erkennen die Schwierigkeit: Die Anbieter haben es sich auf die Fahnen geheftet, das „Problem der letzten Meile“ zu lösen. Darunter versteht man Strecken zur oder von der Arbeit beziehungsweise der Öffi-Haltestelle, den Fußweg zum nächsten Laden oder die zweiminütige Autofahrt zum besten Kumpel. All jene Strecken also, die aus Faulheit gerne mit dem Auto zurückgelegt werden, die aber auch ohne Schwierigkeiten mit dem Roller machbar sind. Dafür notwendig ist die Mithilfe der Community – schlechte Publicity durch Unfälle oder gefährliches Rollvergnügen wollen die Verleiher selbstverständlich nicht. Das könnte sich tatsächlich noch zum Problem erweitern: Einige Städte haben den Zugang zu den Leihrollern tatsächlich bereits wieder eingeschränkt oder überlegen neue, strengere Regeln. Zudem gehen viele der Scooter zu schnell kaputt, oft auch durch mutwillige Beschädigungen. Allen gefallen die Roller also nicht. Ein Trend? Ja, fraglos. Offen bleibt lediglich, ob sich die Sharing-Varianten durchsetzen können. Wer selbst zuschlagen möchte, blättert einfach um.

“Elektroroller und Sharing-Systeme werden uns 2019 weiterhin beschäftigen.”

Rechtliche Situation

Deutschland

Deutschland wird E-Roller im Frühjahr 2019 endlich auch für den Straßenverkehr zulassen. Es soll aber eine Geschwindigkeitsobergrenze von 20 km/h gelten und zusätzlich müssen sogenannte „fahrdynamische Mindestanforderungen“ gegeben sein. Das bedeutet, es gibt klare Regeln für Bremse, Licht und Klingel. Einzelne Hersteller reagieren bereits mit Nachrüstkits. Bei iOHawk (siehe den Test auf Seite 22) besteht das beispielsweise aus einer zweiten Bremse, einem Blinker, einem zusätzlichen Licht für vorne, Reflektorstreifen und einer Halterung für das Kennzeichen. Ja, richtig gelesen: Die Regierung plant auch eine Versicherungspflicht mit Kennzeichen. Letzteres könnte auch einfach ein genormter Sticker werden. So oder So wreden die Pläne der Regierung noch heiß diskutiert. 

Österreich

E-Scooter, die nicht schneller als 25 km/h fahren, sind in Österreich Fahrrädern gleichgestellt. Das bedeutet, Radwege, gemischte Straßenabschnitte und herkömmliche Straßen dürfen mit den Scootern befahren werden. Das Fahren auf dem Bürgersteig ist hingegen verboten. Eine Helmpflicht gibt es nicht, das Tragen eines Kopfschutzes wird aber empfohlen. Auch in Österreich überlegt der Gesetzgeber neue Regeln. Angedacht sind beispielsweise Zonen, in denen die Roller nicht abgestellt werden dürfen.

Bildquelle: Dmitry Galaganov

“Egal ob selbst gekauft oder geliehen: Vorsicht im Strassenverehr!”

Hoverboard

Wer jemals „Zurück in die Zukunft“ gesehen hat, weiß in etwa, was dieser Name zu bedeuten hat. Ursprünglich verstand man unter einem „Hoverboard“ nämlich ein schwebendes Skateboard. Seit einigen wenigen Jahren wird der Begriff aber auch (fälschlicherweise) synonym verwendet. Gemeint ist meist eine Art Segway ohne Griff, also ein „E-Board“ mit großen Reifen – wie rechts abgebildet.

E-Bike

Darunter versteht man eIn klassisches Fahrrad, das über elektrische Unterstützung verfügt. Wer auf der Ebene gerne selbst radelt, bergauf aber ins Schwitzen kommt, schaltet dann einfach den Elektromotor zu. E-Bikes sind mittlerweile leistbar und in unzähligen Varianten erhältlich – vom sportlichen Citybike bis hin zur Inividualanfertigung für den Fahrrad-Fan mit besonderen Ansprüchen.

Segway

Seit dem Jahr 2001 gibt es die „Segway Personal Transporter“, mittlerweile vertreibt das chinesische Unternehmen Ninebot die Segways. Ninebot fertigt auch die Roller für Tier und gehört zu Xiaomi. Die Segways dürften vor allem Städtern ein Begriff sein, werden die Roller doch gerne für Touristentouren aller Art herangezogen. Der ganz große Erfolg blieb bislang allerdings aus.

Die App konnte im App Store nicht gefunden werden. 🙁

Dieses Start-Up stammt aus Berlin und möchte den beiden US-Platzhirschen etwas Feuer unter dem Allerwertesten machen. Die Preise sind wie bei der Konkurrenz: Einen Euro kostet der Start, danach sind 15 Cent pro Minute fällig. Abgerechnet wird über die Kreditkarte. Offiziell ist eine Spitzengeschwindigkeit von 24 km/h bei den Tier-Rollern angegeben, die Erfahrung zeigt aber, dass ein wenig mehr möglich ist. Die App ist hervorragend aufgebaut, bietet alle notwendigen Informationen und Funktionen und ist – wie auch bei der Konkurrenz – kostenlos in den Stores erhältlich.

Die App konnte im App Store nicht gefunden werden. 🙁

Die Roller von Lime sind sichtlich größer als die der Konkurrenten – zumindest, wenn man die größere Variante bekommt. Lime bietet zusätzlich auch eine kleinere Flotte an. Im Test klappte der Aktivier- und Bezahlvorgang problemlos. Vor dem Fahrtantritt muss allerdings Guthaben in der App hinterlegt werden. In unserem Fall waren das zehn Euro. Ein durchaus praktisches System, immerhin behält man die Kosten so stets im Auge. Auch diese App ist übersichtlich aufgebaut und natürlich kostenlos. Auffallend waren allerdings einige holprige Übersetzungen ins Deutsche.

Die App konnte im App Store nicht gefunden werden. 🙁

Die Roller von Bird stammen aus den Hallen von Xiaomi. Dank der etwas größeren Räder sind auch unebene Straßen kein Problem. Der Scooter ist dennoch deutlich kleiner als jener von Lime, trägt dafür aber „nur“ 90 Kilogramm. Anders als „Lime“ und „Tier“ verrechnet dieser Anbieter jede abgelaufene Minute – die Konkurrenz rechnet pro begonnener Minute ab. Die App selbst befindet sich mindestens auf dem Niveau der Konkurrenz und auch die Übersetzungen und die Grammatik stimmen hier. Lime und Bird verlangen übrigens ein Foto des geparkten Rollers, Tier nicht.

IO HAWK Sparrow: Longboard mit Griff

Wer den „Sparrow“ das erste Mal aus der Verpackung hebt, wird erstaunt sein. Schießlich ist dieser Elektroroller deutlich größer als die meisten seiner Kollegen, weshalb ihn der Hersteller auch mit dem Slogan „Longboard (ein besonders langes Skateboard) trifft auf Scooter“ bewirbt. Dem Fahrerlebnis kommen die großzügigen Abmessungen auf jeden Fall entgegen: Der Fahrer steht fast zehn Zentimeter über dem Boden, was vor allem bei Spritzwasser nicht zu vernachlässigen ist. Dank IP54-Schutz hält der Sparrow etwas Feuchtigkeit stand, bei Regen oder nassen Verhältnissen sollte er dennoch in der Garage bleiben. Über den einzigen Schaltknopf unterhalb des Displays wechseln Sie zwischen drei Geschwindigkeitsstufen (6/15/20km/h). Auf dem Bildschirm sehen Sie außerdem, wie viel Restakku noch vorhanden ist. Wir hatten den Sparrow rund zwei Wochen in Betrieb und mussten lediglich einmal an die Steckdose. Erwähnt sei aber, dass der Roller lediglich einige Mal in Verwendung war und das auch nur auf kürzeren Strecken bis maximal drei Kilometern. Laut Herstellerangaben muss der Sparrow nach etwa 25 Kilometern wieder aufgeladen werden.

Probleme mit der App

Schwierigkeiten hatten wir hingegen mit der zugehörigen App. Der Start und die ersten Einrichtungen klappten noch, für die Verbindungsherstellung ist aber ein sechsstelliger Code notwendig – den wir zunächst nirgends auftreiben konnten. Des Rätsels Lösung nach einiger Recherche: 000000. Wer das weiß, ist klar im Vorteil. Das Passwort lässt sich jedenfalls nach der ersten Kopplung ändern.

Die App zeigt an, wie schnell Sie unterwegs sind, wie voll der Akku des E-Scooters noch ist und bietet auch eine Karte zur Navigation. Wir hatten im Test keine weiteren Probleme, im Play Store muss die App aber immer wieder Kritik einstecken. Hier ist sicherlich noch Potenzial vorhanden.

Klappbar

Leichte Designanleihen nimmt Hersteller IOHawk bei den klassischen Scootern alter Tage: Der Griff lässt sich zurückklappen, wodurch der Sparrow viel kompakter wird. Das ist vor allem unterwegs praktisch, beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Die App

Die Anwendung informiert Sie, wie viel Akku noch vorhanden ist, welche Geschwindigkeitsstufe Sie gewählt haben und natürlich wie schnell Sie unterwegs sind. Außerdem können Sie hier die Farbe der Unterbodenbeleuchtung festlegen. Auch eine Karte ist integriert.

Alle Infos in Sichtweite

Das Display zeigt an, wie schnell Sie fahren, wie lange der Akku noch reicht und welche Geschwindigkeitsstufe gewählt ist.

Preis 549,- Euro (399,- Euro für die braune Variante)
Reichweite 25 – 28 Kilometer
Speed max. 20 km/h
Gewicht 12,5 Kilogramm
Motor 250 Watt
Reifen 8 Zoll, luftgefüllt
Extras App-Steuerung, Display, färbige Beleuchtung, zusammenklappbar, Set für Straßenzulassung separat erhältlich, IP54

Xiaomi Mi M365: Telefone und Roller!

Xiaomi konnte sich mittlerweile auf dem Smartphone-Markt einen Namen machen. Wer das chinesische Start-Up kennt, weiß aber, dass Xiaomi sich damit nicht zufrieden gibt. Seit geraumer Zeit bietet der Hersteller auch einen E-Scooter an. Dieser besticht auf den ersten Blick mit seinem Preis, hat aber auch darüber hinaus noch einiges zu bieten. Vier LEDs zeigen beispielsweise den Akkustand an, vorne sorgt ein LED-Scheinwerfer für ausreichend Licht – auch bei Nacht. Ein Energierückgewinnungssystem erhöht zudem die Akkuleistung. Über die App lassen sich außerdem zahlreiche Einstellungen vornehmen. Ein Diebstahlschutz ist ebenfalls integriert.

Keine Chance für Langfinger

Über die App lässt sich der Motor mit einem Passwort sperren. Mit einem herkömmlichen Fahrradschloss kann man den Xiaomi Mi M365 hingegen nur schlecht vor fremden Zugriff schützen.

Preis 399,- Euro
Reichweite 15 – 30 Kilometer
Speed max. 25 km/h
Gewicht 12,5 Kilogramm
Motor 250 – 500 Watt
Extras E-ABS, Scheibenbremsen, Licht, intelligentes Batteriemanagement, klappbar, IP54

Denver SCO-65210: Klein-Roller

Dass der SCO-65210 von Denver deutlich zierlicher ausgefallen ist als seine hier vorgestellten Kollegen, fällt auf den ersten Blick auf. Der Scooter verfügt „nur“ über 6,5 Zoll-Gummireifen und auch der Rahmen ist dementsprechend etwas kleiner. Bis zu 100 Kilogramm trägt der Denver-Roller dennoch. Das Display zeigt die wichtigsten Informationen zur Fahrt, eine App gibt es dafür nicht. Mit einer Maximalgeschwindigkeit von 20 km/h bei 300 Watt Motorleistung ist der SCO-65210 auch etwas schwächer auf der Brust als die Konkurrenz. Dafür wiegt dieses Modell auch nur knapp neun Kilogramm.

Leichter Transport

Mit einem Gewicht von nur 8,8 Kilogramm ist der Denver-Scooter der leichteste unter den Testkandidaten. Zusammengeklappt lässt er sich besonders einfach transportieren.

Preis 199,- Euro
Reichweite max. 12 Kilometer
Speed max. 20 km/h
Gewicht 8,8 Kilogramm
Motor 300 Watt
Extras Multifunktionsdisplay, klappbar